Die Idee liegt auf der Hand: „Die Restabfallverbrennungsanlage erzeugt genügend Wärme, da müssen wir nicht auch noch Gas verbrennen, um das Wasser für die Fernwärmeversorgung auf Temperatur zu bringen“, sagt Reinhard Koch, Geschäftsführer der Stadtwerke Suhl/Zella-Mehlis (SWSZ) GmbH. Damit schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe: Erstens sparen die Stadtwerke fossile Brennstoffe, zweitens verbessert sich damit die regionale CO2-Bilanz gravierend.
Um die ganze Geschichte zu erfassen, müssen wir einige Jahrzehnte zurückreisen. In den 1970er und 80er-Jahren wurde in Suhl das Fernwärmenetz gebaut. Insgesamt ist es rund 56 Kilometer lang und nach wie vor in einem guten technischen Zustand: „Wir modernisieren das Netz ständig und investieren jedes Jahr in erheblichem Umfang“, sagt Reinhard Koch. Ursprünglich wurde Rohbraunkohle verbrannt, um die Wärme zu erzeugen. In den Jahren 1994 und 1995 errichteten die SWSZ eine moderne Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage mit drei Gasturbinen. „Damit konnte bereits eine erhebliche Verbesserung der lufthygienischen Situation erreicht werden“, sagt Koch.
120.000 Tonnen Abfall für 60 Millionen Kilowattstunden Strom
Als man kurz darauf beschloss, eine neue Abfallverbrennungsanlage zu bauen, ergab sich für die Stadtwerke eine völlig neue Situation: Mit der Verbrennung des Abfalls stand ein nicht genutztes Potenzial an Heizenergie zur Verfügung. Schnell war klar: Damit kann ein erheblicher Teil des fossilen Energieträgers Erdgas für die Fernwärmeversorgung ersetzt werden. „Wir beliefern rund 6.000 Wohnungen sowie 200 Betriebe, Schulen und Hotels mit Fernwärme“, sagt Reinhard Koch.
Wie viel Energie die Abfallverbrennungsanlage liefert, wird erst klar, wenn man sich die Zahlen vergegenwärtigt: Zum Einzugsgebiet der Anlage gehört praktisch ganz Südwest-Thüringen – über eine halbe Million Einwohner. Die hinterlassen jährlich rund 120.000 Tonnen Abfall. In der Verbrennung werden daraus 60 Millionen Kilowattstunden Strom – genug für 15.000 Vierpersonenhaushalte. Mit der Restwärme kann die SWSZ circa 100.000 Megawattstunden an Heizenergie in ihr Fernwärmenetz speisen. Um den gesamten Fernwärmebedarf der Kunden in Suhl abzudecken, reicht das aber nicht. An kalten Tagen springt daher das Gaskraftwerk ein und sorgt dafür, dass keiner friert. So ist selbst im Falle eines Stillstands der Abfallverbrennungsanlage die Fernwärmeversorgung garantiert.
Jährlich 50.000 Tonnen Klimagase weniger
Damit es keinen Streit zwischen Gaskraftwerk und Abfallverbrennungsanlage gibt, sind die Verhältnisse klar geregelt: „Die Abfallverbrennung liefert vorrangig Wärme und die SWSZ nimmt vorrangig diese Wärme ab“, sagt Reinhard Koch.
Das ist auch gut so. Denn die Wärme aus der Restmülltonne ist viel umweltfreundlicher, als die aus dem fossil befeuerten Gaskraftwerk. Schließlich geht es um Abwärme, die ohnehin anfällt. Fachleute sprechen dabei von Primärenergie, „da geht es um die Umweltrelevanz der verschiedenen Energieträger“, erklärt Reinhard Koch. Wie überall werden auch in Suhl Gebäude energetisch saniert oder ganz neu gebaut. Was stets dazu führt, dass der Energiebedarf sinkt. „Neubauten sind wesentlich energieeffizienter“, sagt Reinhard Koch. Und auch das ist gut so, denn mit jedem Kunden der weniger Energie verbraucht, verbessert sich die Umweltbilanz der Stadt. Denn umso mehr Bewohner können mit derselben Energiemenge versorgt werden.
Die Zahlen, um die es dabei geht, sind beeindruckend: Jährlich verringert sich der Ausstoß von Kohlendioxid der Stadtwerke Suhl/Zella-Mehlis dank des Wärmebezuges aus der Abfallverbrennungsanlage um rund 50.000 Tonnen. Das entspricht etwa 70.000 One-Way-Flügen nach Mallorca. Auf der Mittelmeerinsel wird die Luft deshalb zwar nicht spürbar besser, in und um Suhl dafür umso mehr.
Quelle: http://www.energiegewinner-thueringen.de/energiegewinner/details-zu/restabfallverbrennungsanlage-suhl.html