
Für uns als Stadtwerke ist es aktuell alles andere als einfach, zuverlässige Aussagen darüber zu geben, wie sich die energiewirtschaftliche Situation entwickelt und was genau unsere Kunden im Zuge der Diskussionen über die Energiepreisdeckel und weitere Maßnahmen zu erwarten haben.
Wie haben sich die Beschaffungskosten für Strom und Gas entwickelt?
Nachdem wir auf dem Stromsektor Beschaffungspreise gesehen haben, die über einem Euro je Kilowattstunde und beim Gas mehr als 30 Cent je Kilowattstunden lagen, hat sich die Lage deutlich entspannt. Dennoch sind die Beschaffungspreise im Vergleich zu 2021 und 2022 immer noch um ein vielfaches höher und führen somit auch zu steigenden Preisen im Jahr 2023. Darüber hinaus sind zum 1. Januar 2023 zum Beispiel auch die Netzentgelte gestiegen.
Welchen Einfluss haben die gesetzlichen Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise auf unsere Kunden?
Hier können wir aktuell auch nur das wiedergeben, was als Vorschläge beispielsweise zu den Energiepreisdeckeln und zur Übernahme der Dezember-Abschläge diskutiert wird. Da alle diese Maßnahmen noch nicht das gesetzgeberische Verfahren durchlaufen haben, können sie auch nicht zur Anwendung gebracht werden.
Wie kommt die Übernahme des Dezember-Abschlages durch die Bundesregierung für unsere Kunden zur Anwendung?
Von dem Abschlag werden die Kunden ganz sicher entlastet. Die Frage ist nur: Wann? Man muss hier ganz klar festhalten, dass die zeitliche Umsetzung fast unmöglich ist. Hier genügt es nun mal nicht, aus politischer Sicht nur zu sagen wir übernehmen das – es muss auch frühzeitig die Verfahrensweise klar sein und die Stadtwerke müssen schnell und unkompliziert an die nicht für ihre Kunden berechneten Abschläge kommen, da ansonsten unserer Liquidität gefährdet ist.
Schließlich geht es hier um Millionenbeträge, die nicht einfach mal eben so vorgestreckt werden können. Das gilt im Übrigen auch für die angestrebten Preisdeckel. Grundsätzlich sind diese Maßnahmen zu begrüßen, da sie zu einer deutlichen Entlastung führen, die wir selbstverständlich auch an unsere Kunden weitergeben.
Wie gestalten sich darüber hinaus die Preise für Strom und Gas?
Hier können wir aktuell auch nur das an Erkenntnissen einfließen lassen, was als Vorschläge beispielsweise zu den Energiepreisdeckeln, bzw. deren Höhe und Übernahme der Dezember-Abschläge diskutiert wird. Da alle diese Maßnahmen noch nicht das gesetzgeberische Verfahren durchlaufen haben, können sie auch nicht zur Anwendung gebracht werden. Grundsätzlich steigen die Preise aber auch bei uns. Unter Berücksichtigung der Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent und dem Wegfall der Gasbeschaffungsumlage liegen die Mehrkosten für einen Beispielverbrauch von 20 000 Kilowattstunden Erdgas pro Jahr bei 35 Euro (brutto) im Monat – verglichen mit den aktuellen Preisen.
Für einen Beispielverbrauch Strom von 2500 Kilowattstunden pro Jahr liegt die Mehrkostenbelastung bei 20 Euro (brutto) pro Monat – verglichen mit den aktuellen Preisen. Damit liegen wir deutlich unter den Preissteigerungen vieler Mitwettbewerber. Wenn es uns gelingt die Preise im gesamten kommenden Jahr in der Grundversorgung und bei unseren Rennsteig-Produkten stabil zu halten, liegen wir sogar noch unter den aktuell genannten Preisdeckeln. Lediglich der Grundversorgungstarif Erdgas für Kleinverbräuche bis 1680 Kilowattstunden läge leicht über dem Preisdeckel. Davon wäre allerdings auch nur ein kleiner Anteil unserer Kunden betroffen, für die ja dann der Preisdeckel zur Anwendung kämme.
Anders verhält es sich auch bei den Ersatzversorgungspreisen, von denen allerdings unsere aktuellen Bestandskunden nicht betroffen sind. Allerdings ist die Preisentwicklung insgesamt betrachtet auch nach wie vor abhängig von der Marktentwicklung und ob weitere zusätzliche Kunden in unserem Grundversorgungsgebiet durch uns versorgt werden müssen. Dies kann zum Beispiel durch weitere Insolvenzen von Wettbewerbern der Fall sein, oder wenn Kunden selbst aktiv zu uns wechseln.
Wie würde der aktuell bekannte Preisdeckel für Strom und Erdgas wirken?
Da wir nach aktuellen Erkenntnissen im Privatkundenbereich, bis auf den Kleinverbrauchstarif Erdgas, unter den Preisdeckeln liegen, würden die gesetzlichen Vorhaben zum Preisdeckel bei unseren Kunden nicht zur Anwendung kommen. Unsere Preise müssten im Erdgas über 12 Cent und im Strom über 40 Cent pro Kilowattstunde (brutto) liegen.
Was muss man sich unter Preisen für die Ersatzversorgung vorstellen, die ab 08.11.2022 von der Grundversorgung getrennt wurde?
Die Preise in der Ersatzversorgung werden sich an den aktuellen Beschaffungspreisen am Markt orientieren, liegen also deutlich über den Preisen für unsere aktuellen Bestandskunden, um bei weiteren Kundenzuwächsen die Preisrisiken abfedern zu können. Die Ersatzversorgungspreise kommen dann, auch unter Beachtung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, im Neukundengeschäft zur Anwendung.
Müssen Neukunden also höhere Preise zahlen als Bestandskunden?
Durch den Gesetzgeber ist eben diese Möglichkeit der Trennung der Ersatzversorgung von der Grundversorgung geschaffen worden, ebenso die Aufhebung der Gleichpreisigkeit, also das die Preise der Ersatzversorgung gleich den Preisen der Grundversorgung sind, um eben auf die weiter zugespitzte Lage reagieren zu können.
Das ist zum einen erforderlich, weil eben die Beschaffungspreise noch um ein vielfaches höher sind und wir im Rahmen unserer Verantwortung als Grundversorger in den letzten Monaten gesamt mehr als 1.500 Neukunden aufgenommen haben. Um also auf die weitere Entwicklung, die heute keiner genau abschätzen kann, vorbereitet zu sein ist diese Trennung auch in preislicher Hinsicht erforderlich.
Wie ist die Lage für RLM-Kunden bzw. Großkunden?
Im Erdgas und Strombereich haben wir gesamt über 100 größere Gewerbekunden, sowie leistungsgemessene Kunden. Hier greift eine andere Art der Beschaffung, da die Mengen für diese Kunden erst dann am Markt angefragt und eingekauft werden, wenn diese auch Verträge abschließen. Die Kostensteigerung ist hier bei vielen, so sie nicht im letzten Jahr bereits für 2023 Verträge abgeschlossen haben, deutlich höher als bei Privatkunden.
Allerdings sollen auch hier die Preise für einen bestimmten Anteil der Energie gedeckelt werden. Auch das erachte ich als sehr wichtig, weil gerade die Unternehmen mit Blick auf die Arbeitsplätze und Wertschöpfung in unserer Region eine entscheidende Rolle spielen.
Bild oben: SWSZ-Geschäftsführer Tino Schäfer
Foto: Norbert Seidel